NEUWAHLEN, PROPAGANDA UND DIE ANGST VOR TATSACHEN

16 Mai

vom 16.05.12

Endlich geschafft und durchgerungen. Neuwahlen im Land der Verzweifelten, der Kolonie des internationalen Finanzmarktes und des gewaltsamen Akkumulationsregimes der EU.

Das Neuwahlen kommen, war nicht so klar, denn bis zu letzt verhandelten die Spitzen von Nea Demokratia und PASOK mit der ‚Demokratischen Linken‘ und den rechtspopulistischen ‚Unabhängigen Griechen‘. Mit einer dieser beiden Parteien hätten die Herrschaftseltiten genügend Sitze im Parlament vereinen können, um eine Regierung zu bilden.

Stattdessen aber versuchten sie bis zu letzt SYRIZA zum Bündnis, einer ganzganz großen Koalition, zu bewegen und sie wie die anderen zu kaufen. Das frische Linksbündnis ist steht aber nicht zum Verkauf, ganz einfach, weil sich hier Leute versammeln, die keine Marionetten sind. Die Verweigerung der Sparmaßnahmen wie sie die Troika formuliert ist eben gerade die Alternative zu einer Politk der Selbstbedienung. Eine anständige Opposition gehört in einem demokratischen System dazu; zumindest, wenn es parlamentarisch funktioniert.

Warum Nea Demokratia und PASOK aber unbedingt diese vollkommen abstruse und undemokratische Regierung der Groß-groß-Koalition bilden wollen ist offensichtlich: Die Durchsetzung der Sparmaßnahmen mit SYRIZA wäre die vollkommene Aufgabe souveränen Handlungsspielraumes: Eine Politik, die letztendlich wirklich jeglichen Kontakt zur Bevölkerung verloren hat – de facto keine Demokratie mehr.

Darum aber geht es. Was immer dieses Ideal ‚Demokratie‘ darstellen sollte und ob man es gut findet oder nicht: hierum wird letztendlich gerungen. Würde eine Regierung ohne SYRIZA aber das Spardiktat der Troika durchsetzen, ließe dies das Linksbündnis als einzige seriöse Alternative erscheinen (denn von KKE und den Faschisten braucht in diesem Zusammenhang nicht gesprochen zu werden) und ihm zu einem noch größeren Auftrieb verhelfen.

Doch die Propaganda der Elite schallt von allen Enden, seien es die lokalen Herrscherlein, der abstrakte Finanz- und Weltmarkt mit seinen Instituationen oder die eiserne EU, allen voran das plötzlich doch so weit entfernte Deutschland. Von dort sind die schlimmen schlimmen Dinge zu hören – jene, die vollkommen an den Tatsachen vorbeigehen.

Zum Beispiel, dass Griechenland wohl bei der Verweigerung der Sparmaßnahmen aus der Euro-Zone aussteigen und dann alles ganz schlimm werden würde (auch wenn man drauf vorbereitet ist).

Die Frage ist aber überhaupt nicht, ob Euro oder nicht (auch wenn man darauf vorbereitet ist). Wirtschaftliche Zusammenhänge entscheiden sich nicht an einzelnen Währungen, der Geld kann man bekannterweise umtauschen. Worum es geht, ist wirtschaftliche Abhängigkeit und damit die Aufgabe einer eigenständigen Politik, oder der schrittweise Reduktion zur Wiedergewinnung von wenigstens etwas wie Handlungsspielraum.

Sollte sich in diesem Fall aber offenbaren, dass Griechenland handlungsunfähig ist, dann zeigte sich nicht die falsche Politik einer wirklichen Alternative. Nein, genau wenn dies einträte, würde die Alternative wirksam: Um zu offenbaren, dass es den souveränen Nationalstaat als ein demokratisches Gebilde überhaupt nicht mehr gibt, wie die ganze Zeit suggeriert wird. Wenn es ihn aber nicht mehr gibt (oder nur noch als Gewalt-Zusammenhang), warum dann all den pseudo-demokratischen Zirkus mitmachen?

Richtig. Und deswegen braucht es dennoch eine wirkliche Alternative im Parlament, welches es nun einmal gibt und im Moment, gewollt oder nicht, gut oder schlecht, als Dreh- und Angelpunkt der Debatte funktioniert, während die tatsächlichen gesellschaftlichen Kämpfe um Entscheidenderes kreisen – Um Verteilungsfragen nämlich und um Fragen eines menschenwürdigen Lebens für alle in einer Welt der barbarischen Kapitalüberschüsse, welche die Knechtschaft und Verelendung auf der anderen Seite begründen.

Also doch noch mal wählen. Plakatieren, Demonstrieren und sich der ganzen Propaganda-Scheiße nicht entziehen zu können, der so viele auf den Leim gehen. Die Leute werden so dumm gehalten und geführt, dass man wirklich glaubt hier in einem Zoo zu sein. Erst wählen und sich dann schlachten lassen – so wird Politik gemacht, wo es etwas geht. Nicht umsonst meinte Bismarck, dass Politik so ähnlich wie Wurst gemacht wird und die Leute gut daran täten, dass nicht so genau zu wissen. Nur zu blöd, dass das unartige Kind am Ende nicht nur keine Süßigkeiten bekommen, sondern ohne Essen zu Bett geschickt werden wird: In die kalte und dunkle Nacht des vollkommenen wirtschaftlichen Niedergangs. Dort wird sein Heulen und Zähneklappern und der braune Dämon.

PASOK und ND werden wie im letzten Wahlkampf keine Stände aufstellen, weil sie Angst haben, dass die Leute sie zerdeppern. Mit Recht, nur leider sind sie in ihren Panzerglas-Büros zu sicher, wo die Staatsmacht Tag und Nacht davorsteht und Kaffee trinkt und den Mädels auf die Ärsche schaut, weil sie neben prügeln und Motorradfahren nicht anderes kann. Na gut, wählen kann sie auch: Offenbar haben fast die Hälfte der Polizisten die Faschisten gewählt was aber nicht groß überraschen sollte.

Klarwerden sollte nur, dass es hier nicht um Parteien geht, den Spielfiguren in einem Spiel, dessen Regeln immer von Menschen gemacht werden. Aber von welchen? Und wozu? Wir Zeiten bleiben heiß, die Herzen bleiben kalt.

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